Neues Arbeiten: Daheim oder überall als digitaler Nomade

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10.08.2017
Lesezeit: ~14 Min.

Neues Arbeiten ist digital unabhängig sowie frei von Ort und Zeit

Ortsunabhängiges Arbeiten ist eine alternative Form der Arbeit, die als Teil der „Neuen Arbeit“ verstanden werden kann. Im Gegensatz zu Ihrem regulären Job arbeiten Sie an keinem festen Standort. Ihren Job müssen Sie deshalb aber nicht kündigen, vorausgesetzt Ihr Chef ist dafür empfänglich. Wenn nicht, sind Sie dank Ihrer Berufserfahrung und Bereitschaft, immer dazulernen zu wollen, dafür gewappnet, Ihren eigenen Weg zu gehen, z. B. indem Sie einen neuen Arbeitgeber finden oder die Branche wechseln.

Dem Gleitzeit-Modell ähnlich haben Sie im Neuen Arbeiten größere Flexibilität bei der Einteilung Ihrer Arbeitszeit. Wichtig ist dabei, was Sie bei der Arbeit erledigen, nicht wie lange Sie dafür brauchen oder ob Sie dafür in Sichtweite Ihres Chefs sind.

Was Neues Arbeiten (in Anlehnung die Theorie von „New Work“) bedeutet, welche Einschränkungen es gibt, ob es für Sie etwas ist und wie Sie auch ohne Vorerfahrung in diese Art der Arbeit einsteigen können, erfahren Sie im folgenden Überblick. Wenn Sie davon angetan sind, haben wir Ihnen am Ende des Artikels die wichtigsten Argumente zusammengestellt, um Ihren Chef vom ergebnisorientierten Arbeiten zu überzeugen.

Was ist Neues Arbeiten?

Selbstbestimmung und unternehmerisches Denken sind, neben der Freiheit von Ort und Arbeitszeit, die zwei wesentlichen Charakteristiken des Neuen Arbeitens. Es sind Anforderungen, die Sie an sich selbst stellen oder von Ihnen verlangt werden - wenn nicht heute, dann in naher Zukunft. Dabei nehmen Sie Ihre Arbeit ernst und übernehmen Verantwortung, so als wären Sie der Chef der Firma. Sie haben die Hoheit darüber, welche Aufgaben Sie wann übernehmen, denn die einzige Vorgabe vom Chef ist, das Ziel zu erreichen. Wie Sie dort hinkommen, gibt er Ihnen nicht vor bzw. lassen Sie ihn gar nicht erst ausformulieren.

Als Zeitarbeiter im Neuen Arbeiten ziehen Sie, statt gezogen zu werden. Sie verwalten wie ein Projektmanager Ihre Prozesse und Aufgaben eigenverantwortlich. Gleichzeitig arbeiten Sie fleißig und konzentriert wie ein Fließbandarbeiter.

Traditionell sind Sie dem Chef und Ihren Vorgesetzten weisungsgebunden, weil Sie diese Rolle als Arbeitnehmer einnehmen. Sie positionieren sich als Rad am Wagen, das abhängig davon ist, dass jemand oder etwas es zieht. Das Rad rollt, bis es nicht mehr rollt. Es muss also auch instand gehalten werden.

Von dieser Abhängigkeit lösen Sie sich, indem Sie als Partner auftreten. Sie ziehen dann vorne mit am Wagen, um das Ziel zu erreichen und zeigen sich als Anlage (Asset) des Unternehmens, in das Ihr Chef investieren kann. Damit stellen Sie einen Unternehmenswert für die Firma dar. In dieser Position stehen Sie auch weniger in einem hierarchischen Abhängigkeitsverhältnis zum Chef, bei dem Ihr Gehalt an Ihre Arbeitszeit gebunden ist und Sie auf Anweisungen warten. Stattdessen arbeiten Sie in einem Auftragsverhältnis auf Augenhöhe mit Ihrem Chef zusammen, um gemeinsam die Geschäftsziele zu erreichen, haben bei der Weggestaltung zum Ziel aber große Freiheiten.

So gelingt der Einsteig ins Neue Arbeiten

Das Neue Arbeiten kann verschiedene Ausprägungen annehmen, wenn Sie Absprachen mit Ihren Kollegen vornehmen, individuelle Vereinbarungen mit Ihrem Chef treffen oder in besonderen Umständen sind, in Form von Schwangerschaft oder anderen Einschränkungen. Als Orientierung stellen wir Ihnen zwei Arbeitsmodelle vor, um die ersten Schritte auf dem Weg zum Neuen Arbeiten zu erleichtern.

Zum einen geht es um die Heimarbeit, die auch als „Home Office“ bezeichnet wird. Damit ist laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung eine bezahlte Berufstätigkeit gemeint, die von zu Hause aus ausgeübt wird.

Zum anderen erfahren Sie vom digitalen Nomadentun. Ein digitaler Nomade arbeitet wie ein Heimarbeiter dort wo Internetzugriff besteht, also auch von zu Hause oder im Café, in Bibliotheken, draußen an schattigen Orten, auf dem Boot oder mit anderen Menschen im sogenannten Coworking.

Heimarbeit

Die Arbeit im Home Office ist in Deutschland vergleichsweise unbeliebt. Das ergibt die aktuelle Studie des DIW Berlin DIW-Wochenbericht (5/2016). Demnach liegt der Anteil der Heimarbeitnehmer unter dem EU-Durchschnitt von 20 Prozent. Nur zwölf Prozent arbeiten überwiegend oder gelegentlich von zu Hause aus, obwohl rund 40 Prozent der Arbeitsplätze dies theoretisch ermöglichen. Bei den deutschen Selbständigen sinkt die Zahl der Heimarbeitern seit 2007 stetig, liegt aber mit etwa 42 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt (32 %).

Die Arbeit im Home Office nahm nach 2000 stark zu

Nach der Jahrtausendwende gab es zunächst immer mehr Heimarbeiter in Deutschland. 2008 waren sogar 5,5 Millionen Selbständige und Arbeitnehmer manchmal oder überwiegend zu Hause erwerbstätig. Dieser historischen Höchstmarke folgte ein Rückgang in fast allen Berufsgruppen mit zweistelligen Raten, auch wenn die Beschäftigung in Deutschland insgesamt zunahm.

Der bisherige Höhepunkt wurde 2012 um etwa 800.000 unterboten. Von dann rund 4,7 Millionen Erwerbstätigen waren 2,7 Millionen Heimarbeiter abhängig beschäftigt, was rund acht Prozent aller Arbeitnehmer entspricht.

Nach 2008 sank die Beliebtheit der Heimarbeit stetig

Der Rückgang nach 2008 widerspricht dem europäischen Aufwärtstrend der Heimarbeit. Der Anteil zu Hause berufstätiger Arbeitnehmer ist in der Europäischen Union gestiegen. Vor allem in Skandinavien, den deutschen Nachbarn sowie den westeuropäischen und übrigen mitteleuropäischen Staaten ist die Heimarbeit stärker verbreitet.

Auch Ihre persönlichen Umstände können die Arbeit von zu Hause ermöglichen

Alter und Geschlecht haben laut DIW Berlin kaum Einfluss darauf, wer in den eigenen vier Wänden arbeitet. „Jung und Alt, Männer und Frauen arbeiten in etwa gleich oft von daheim.“, sagt Arbeitsmarktexperte DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke. Vor allem hoch qualifizierte Arbeitnehmer arbeiten in den eigenen vier Wänden. Leben Kinder im Haus, arbeitet der jeweilige Elternteil etwas häufiger von zu Hause aus. Entscheidend für die Entscheidung ist aber der jeweilige Beruf (worauf später noch eingegangen werden soll).

Die Arbeit von Zuhause ist ein Entscheidung, die Sie von Fall zu Fall mit Ihrem Arbeitgeber treffen müssen. Dass in Deutschland trotz erhöhter Arbeitsplatzschaffung die Heimarbeit weniger in Anspruch genommen wird, muss kein Hinderungsgrund sein, es nicht doch für Sie zu versuchen.

Digitales Nomadentum

Im Gegensatz zur Heimarbeit handelt es sich um ein Arbeits- und Lebensmodell, weshalb ein solcher Arbeitnehmer (oder Selbstständiger) stärkere Neigungen hat, nicht nur den Beruf, sondern auch sein Leben ortsunabhängig bzw. vielerorts zu gestalten. Das führt auch dazu, dass er fremde Länder und Kulturen bereist, die Sie normalerweise in Ihrem Urlaub besuchen würden, weil er es mit seiner Arbeitszeit vereinbaren kann.

Begriffliche Einordnung

Der Begriff „Digitaler Nomade“ trifft den Kern eines solchen Lifestyles aber nur bedingt. Ein solcher ortsunabhängiger Arbeiter verrichtet seine Arbeit zwar basierend auf digitalen Technologien, ist aber im engeren Sinne kein Nomade. Die nicht-sesshafte Lebensweise eines Nomaden begründet sich aus dem wirtschaftlichen Zwang, den Lebensunterhalt ganzjährig zu sichern. Insofern sind die Wanderbewegungen (vor allem traditioneller Nomaden) nicht wahllos, wie es bei bspw. bei Vagabunden der Fall ist, sondern u. a. durch Nahrungsknappheit, klimatische Wechsel am Standort oder als Folge von Tierwanderungen zu erklären. Zeitweise sesshaft werden Nomaden aber auch, weshalb das Umherziehen nicht dauerhaft passieren muss und sie dann als halb- oder teilnomadisch (im Gegensatz zum Vollnomaden) bezeichnet werden.

Eine klare Einordnung eines digitalen Nomaden ist letztendlich schwierig, da er eine Mischform aus einem Wanderarbeiter, Expat, Handlungsreisenden, Migranten (eng. „migrant worker“), Weltverbesserer, Tourist, Kulturforscher und Unternehmer ist sowie als Teil einer digitalen Bohème (engl. „mobile bohemian“) und gewisser Avantgarde verstanden werden kann.

Der Begriff selbst war eine sprachliche Reise, die 1964 mit Medienwissenschaftler Marshall McLuhan begann, der bereits von „nomadischen Informationssammlern“ sprach, und die seit mindestens fünf Jahrzehnten andauert. Im Jahre 1997 wurde schließlich die Bezeichnung „Digital Nomad“ im gleichnamigen Buch von Tsugio Makimoto und David Manners gebraucht, in dem die Autoren beschreiben, wie Technologie das Arbeitsleben im 21. Jahrhundert verändern wird. Den letzten literarischen Antrieb gab die 2009 erschiene „4-Stunden-Woche“, worin Timothy Ferris darauf eingeht, mehr zu leben und weniger zu arbeiten. Das Buch wird auch als „Bibel der Bewegung“ bezeichnet. Im Internet kam der Begriff etwa 15 Jahre später (2012) wirklich an (wie ein Google-Trends-Verlauf zeigt), nachdem er 10 Jahre zuvor bereits seinen damaligen thematischen Höhepunkt hatte und dazwischen kaum Beachtung fand.

Auch wenn aufgrund der dynamischen Änderungen von Lebens- und Arbeitsmodellen (Stichwort: Arbeiten 4.0) der Begriff relativ bleibt und eher als (beliebig füllbare) Worthülse verstanden kann, wäre eine Präzision in „technologie-basiert und nomadenhaft“ oder „nomadenähnlich“ denkbar.

Anlaufstellen: Webseiten, Offline-Communities und Online-Austausch

Die Anlaufstellen für digitale Nomaden sind im Zeitalter des Internets naturgemäß weit verteilt. Im deutschsprachigen Raum gibt es Webseiten einzelner herausragender Blogger, Veranstaltungen, größere Communities und sogar einen Film über digitale Nomaden.

Digitale Nomaden Konferenz (DNX)

Als erste deutsche Konferenz für digitale Nomaden fand die DNX-Konferenz 2014 im Berliner betahaus statt. Von Marcus Meurer und Felicia Hargarten gegründet beschreibt sie sich selbst u. a. als Event für angehende digitale Nomaden. Als Einstieg in das Thema ist sie empfehlenswert, besonders um sich mit erfahrenen Digitalnomaden oder Neulingen wie Ihnen austauschen zu können. Sie findet seitdem jährlich statt.

Dokumentarfilm: Digitale Nomaden – Deutschland zieht aus

Ebenfalls für den ersten Kontakt mit dem Digitalnomadentum ist der Dokumentarfilm „Digitale Nomaden – Deutschland zieht aus“ aus dem Jahr 2014. Er beleuchtet das Leben von ortsunabhängig lebenden und arbeitenden Menschen. Vor allem die Themen Heimat, Selbstverwirklichung, Freunde und soziale Kontakte werden aufgegriffen.

Im Fortsetzungsfilm „Deutschland meldet sich ab“ besucht der Filmemacher 12 Monate später die Protagonisten des ersten Films, um tiefergehende Fragen zu stellen. In beiden Teilen ist die Hauptfigur Thorsten Kolsch, der „für sich selbst herausfinden möchte, ob dieses Lebensmodell das richtige für ihn ist.

Inspirierend: Die Reiseblogs Planet Backpack und Off The Path

Auf einem der größten deutschen Reiseblogs schreibt Conni Biesalski über bewusstes und gesundes Leben, das sie während des Reisens und ortsunabhängigen Arbeitens seit 2012 führt. Sie ist selbst Yogalehrerin und lebt vegan.

Seit 2011 schreibt Sebastian und sein Team darüber, das Leben als Abenteuer zu gestalten und nur so zu leben, wie man möchte. Also machte er seine Leidenschaft (Abenteuer) zum Beruf und teilt seine Erfahrungen.

Nächster Schritt: Die Citizen Circle Community

Etwas weiter geht Tim Chimoy, der auch im Dokumentarfilm zu Wort kam, mit seiner gegründeten Community „von Menschen, die ein ortsunabhängiges Business auf- oder ausbauen möchten“. Das ausgesprochene Ziel ist ein Geschäft zu etablieren, das Ihnen örtliche und zeitliche Flexibilität sowie und finanzielle Unabhängigkeit gewährt.

Wenn Sie also neben Ihrem Beruf eine Idee für ein Geschäft haben, das Sie weiter aufbauen möchten, um sich (ortsunabhängig) selbständig zu machen und eventuell davon leben zu können, ist diese Anlaufstelle für Sie sinnvoll.

Englischsprachig: Nomad List, Nomad Cruise und Dynamite Circle

Das 2014 als „hashtag nomad“ gestartete und nun als Nomad List weltweit bekannte Projekt des Niederländers Pieter Levels ist die älteste Plattform für digitale Nomaden. Die Webseite zeigt in einer grafischen Übersicht, in welchen Städten der Welt es sich gut und weniger gut leben lässt. Ausschlaggebend dafür sind Faktoren wie Lebenshaltungskosten, Geschwindigkeit des Internets, Klima, Spaß und Sicherheit.

Die vom Westfalen Johannes Völkner gegründete, internationale Gemeinschaft „Nomad Cruise“ ist das „weltweit größte Netzwerk für Digitalnomaden“. Auf Facebook finden sich fast 11.000 Mitglieder und die Community wächst weiter. Die Idee kam ihm 2015. Er stellte fest, dass die Reederei Pullmantur ihre Passagiere zwar im Herbst vom Mittelmeer in die Karibik befördert, aber zu Beginn des Sommers mit leeren Kreuzfahrtschiffen zurück nach Europa schickt. Diese etwa 2-wöchige Überfahrt wird seitdem für Wartungsarbeiten genutzt, wobei die Tickets relativ günstig sind.

An Bord der Nomad Cruise II mit 190 digitalen Nomaden aus 35 Ländern

Als kostenbewusster Reisender organisiert er mit seinem Team nun im September 2017 die vierte Kreuzfahrt von Spanien nach Panama, die zwar all-inclusive, aber nicht teuer ist. Mit mehr als 150 digitalen Nomaden und jenen, die es werden wollen, vernetzten Sie sich, tauschen sich aus und lernen voneinander. Manche Freundschaften oder geschäftliche Partnerschaften entstehen ebenfalls. Ingesamt haben sich bereits mehr als 450 Teilnehmer aus über 40 Ländern dort gefunden, wobei Schätzungen zufolge 5.000 Menschen ortsunabhängig unterwegs sind.

Die große Öffentlichkeit meidet die private Community „Dynamite Circle“. Sie richtetet sich vor allem an ortsunabhängige Unternehmer mit einem existierenden Geschäft. Als Einstieg ins digitale Nomadentum ist diese Anlaufstelle nicht empfehlenswert. Der Zugang umfasst eine Bewerbung und einen jährlichen Beitragssatz.

Spezialform: Housesitting

Südostasien und Lateinamerika sind beliebte Reiseziele auch für digitale Nomaden. Dort sind die monatlichen Kosten eher gering und das Klima häufig besser als in Deutschland. Um aber auch andere Länder mit ähnlichen Lebenshaltungskosten wie Australien, Neuseeland oder Nordamerika zeitweise zu erleben, ist das Housesitting zu empfehlen.

Beim Housesitting passen Sie auf das Haus einer Ihnen fremden Person auf, während sie im Urlaub oder geschäftlich unterwegs ist. Sie kümmern sich darum, die Pflanzen zu gießen, die Tiere zu füttern und das Haus vor unliebsamem Besuch zu bewahren. Dafür können Sie im Gegenzug für eine vereinbarte Zeit dort wohnen (und als digitaler Nomade eben auch arbeiten).

Da diese Form der Vereinbarung von Arbeit und Leben in Deutschland noch eher unbekannt ist, finden Sie vor allem in Ozeanien und Nordamerika viele Housesitting-Angebote. Wie bei jeder Bewerbung sollten Sie sich gut vorbereiten sowie sympathisch und offen auftreten. Aus der Berufswelt wissen Sie, dass Empfehlungsschreiben und Beurteilungen vorheriger Arbeitgeber den Einstieg in eine neue Branche vereinfachen. Das gilt auch fürs Housesitting.

Welche Einschränkungen gibt es beim Neuen Arbeiten?

Die ortsunabhängige oder Heimarbeit ist, neben Ihren Lebensplänen, im Wesentlichen abhängig von drei Faktoren:

  1. Ihr Job

  2. Ihr Chef

  3. Ihre Branche

Jobabhängigkeit

Auch wenn es allgemeine Initiativen zur Förderung der Heimarbeit gibt, erreichen diese vor allem sozial besser gestellte Erwerbstätige, „die wegen ihres Berufs überhaupt nur die Möglichkeit zur häuslichen Erwerbstätigkeit haben.“ Es gebe jedoch viele Berufsgruppen, in denen nur wenige Beschäftigte Ihrer Arbeit von zu Hause aus nachgehen, da sich ihre Tätigkeiten kaum dazu eignen, meint Arbeitsmarktexperte Brenke.

Aktuell stellen allein Lehrer gut ein Viertel der abhängig Beschäftigten, die zu Hause arbeiten. „Damit hängt zusammen, dass Beamte (34 Prozent) und Angehörige des öffentlichen Dienstes (15 Prozent) viel häufiger zu Hause erwerbstätig sind als Angestellte (9 Prozent) und Arbeiter (1 Prozent).“, setzt Brenke fort. Außerdem finden sich relativ viele Heimarbeitnehmer unter Führungskräften, Vertretern, Publizisten, Juristen, IT-Fachkräften, Ingenieuren sowie Arbeitnehmern in den Geistes- und Naturwissenschaften. Von denen haben mehr als die Hälfte einen Hochschulabschluss.

Lehrer bereiten Ihren Unterricht oft zu Hause vor und nach

In den Bau- und Fertigungsberufen, unter den Körperpflegern, Verkäufern, Fahrzeugführern sowie in gast- oder hauswirtschaftlichen Berufen sei die Arbeit im Home Office kaum verbreitet. Die Zahl der Heimarbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Lehre oder ohne Berufsabschluss liegt jeweils im einstelligen Prozentbereich. Hingegen geht statistisch jeder vierte Akademiker manchmal oder hauptsächlich seinem Job von zu Hause aus nach.

Es gibt also Berufe, die für die Arbeit von zu Hause eher geeignet sind als andere.

Chefabhängigkeit

Ihr Arbeitgeber ist in den meisten Fällen dafür verantwortlich, dass Sie nicht der Heimarbeit nachgehen können. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Würden Chefs umdenken, „könnte der Anteil der Heimarbeiter auf über 30 Prozent steigen“.

Auch wenn laut DIW-Studie die Heimarbeiter oft überdurchschnittlich lange oder unbezahlt mehr arbeiten, sind sie mit der Arbeit zufriedener als Arbeitskräfte, die sich Heimarbeit wünschen, aber nicht die Möglichkeit dazu erhalten. Das treffe gemäß DIW vor allem auf den Finanzsektor und die öffentliche Verwaltung zu. Dort „klaffen die Wünsche der Arbeitnehmer nach Heimarbeit und die von den Arbeitgebern angebotenen Möglichkeiten am weitesten auseinander“.

Grundlegendes Motiv sei der Wunsch nach mehr zeitlicher Autonomie und nicht allein die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, denn die Studie ergab, dass Singles ähnlich häufig zu Hause arbeiten möchten wie alleinerziehende Väter und Mütter.

Branchenabhängigkeit

Gemäß Wochenbericht der DIW sei bei 58 Prozent aller Arbeitsplätze Heimarbeit nicht möglich, bei 42 Prozent wäre sie erlaubt, aber nur bei zwölf Prozent würde auch zu Hause gearbeitet.

In diesen Wirtschaftsbereichen wird bereits von zu Hause gearbeitet (prozentuale Anteilen über zehn Prozent):

  • Finanzdienstleistungen (11 %)

  • Land-, Forstwirtschaft (14 %)

  • Unternehmensdienste, Grundstückswesen (21 %)

  • Konsumnahe Dienste, sonstige Dienstleistungen (17 %)

Obwohl es in folgenden Bereichen die Heimarbeit denkbar und möglich würde, fällt der Anteil der Arbeitnehmer hier nur einstellig aus:

  • Produzierendes Gewerbe, ohne Bau (9 %=)

  • Baugewerbe (4 %)

  • Handel (3 %)

  • Verkehr, Nachrichtenübermittlung (8 %)

  • Öffentliche Verwaltung (8 %)

Aus der Branchenübersicht wird deutlich, dass das Potenzial für Heimarbeit groß ist und bei Weitem nicht ausgeschöpft wird.

Ist Neues Arbeiten etwas für Sie?

Haben Sie Interesse an der Heim- oder ortsunabhängigen Arbeit, dann orientieren sich nicht nicht den Zahlen der Studie. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Das realisieren immer mehr Menschen. Der europäische Trend zur Heimarbeit bestätigt dies. Aus diesem Grund ist die Arbeit von Ihrem deutschen oder fernen Zuhause immer eine individuelle Entscheidung und in Abstimmung mit Ihrem Arbeitgeber zu sehen.

Wenn Sie mit Ihrem Chef keine Vereinbarung erreichen oder Ihr Job es per se nicht zulässt bzw. Ihre Branche es nicht erlaubt, liegt der Wechsel in eine neue Branche nahe.

Selbstbestimmt dort arbeiten, wo Sie wollen

Ihren Chef können Sie allerdings nur überzeugen, wenn Sie auch selbst überzeugt vom Neuen Arbeiten sind, ob in Form von Heimarbeit oder per ortsunabhängiger Arbeit.

Das spricht fürs Neue Arbeiten für Sie als Arbeitnehmer

Für die Pro-Seite Ihrer Checkliste:

  • Frei Ihre Zeit einteilen

  • Höhere Eigenverantwortung und -motivation

  • Kein Arbeitsweg nötig, damit kein Stau oder ÖPNV-Gedränge

  • Sie tun Ihre Arbeit unabhängig von Witterungsbedingungen

  • Einfachere Verbindung von Beruf und Familie

  • Sie können kreative Phasen besser nutzen

  • Sie arbeiten in Ruhe mit geringen bzw. keinen Störfaktoren

Anzumerken ist allerdings, dass Sie sich bei längerer Heimarbeit isoliert fühlen können von Ihren Kollegen, Ihnen interne Information nicht zukommen oder die Trennung von Privatem und Beruflichem schwieriger wird. Bitte berücksichtigen dies in Ihrer Betrachtung.

Ihren Chef vom Neuen Arbeiten überzeugen

Das sind die wichtigsten Argumente, um Ihren Chef von der Fern- bzw. Tele-Heimarbeit zu überzeugen, wiederum als Checkliste:

  • Ihr Chef spart. Computer, Arbeitsplätze und Büroflächen.

  • Er zahlt keine Fahrtkosten oder die Anwesenheit im Nachtdienst.

  • Sie sind flexibler für ihn verfügbar, da Sie sich tagsüber um Kinder und Angehörige kümmern können (nicht erst am Abend).

  • Ein besserer Ruf für Ihren Arbeitgeber. Indem er die Möglichkeit der Heimarbeit gewährt, spricht sich nachhaltig herum, dass er ein moderner Arbeitgeber ist.

  • Sie schaffen Mehrwert für Ihren Arbeitgeber, indem Sie motivierter sind und effektiver arbeiten.

  • Der Talent-Pool erstreckt sich über den gesamten Globus. Damit hat Ihr Arbeitgeber theoretisch Zugriff auf den gesamten Arbeitnehmermarkt und kann die Menschen einstellen, die in kultureller Übereinstimmung (engl. „cultural fit“) mit dem Unternehmen stehen.

Dem englischsprachigen Referenzwerk „Remote“ können Sie weitere Punkte entnehmen. Mittels praktischer Beispiele finden Sie dort Aspekte, die Sie als einfache Argumentationsgrundlage nutzen können, um Ihren Chef vollends zu überzeugen.

Das Neue Arbeiten erfindet sich immer neu

Das Neue Arbeiten findet nicht im Büro statt, sondern dort wo sie leben und arbeiten wollen. Dank der Demokratisierung der Produktionsmittel (durch das Internet) sind Sie nun in der Lage, als unabhängige „Arbeitseinheit“ neue Information schnell zu lernen sowie Ihr Wissen direkt und praktisch (digital oder per Hand) anzuwenden. Damit werden Sie unentbehrlich für Ihren Arbeit- und Auftraggeber.

Machen Sie sich bereit auf neue Aufgaben, die Sie beruflich fordern werden und Ihr Leben grundsätzlich bereichern werden. Das Lebensmuster A hat ausgedient, denn mit dem Eintreffen des Neuen Arbeitens in die Mitte der Gesellschaft lernen Sie Lebensweisen von A bis Z kennen, und darüber hinaus. Mit der bevorstehenden Blüte des Neuen Arbeitens ist eins sicher: die stetige Veränderungen von Arbeits- und Lebensmodellen und die anhaltende Frage: Wie wollen Sie leben (und arbeiten)?

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