Urlaubs- und Weihnachtsgeld für Leiharbeiter
Ganz aktuell gibt es ein sehr erfreuliches Urteil des EuGH (Europäischer Gerichtshof). Dieses besagt, dass Leiharbeiter genau die gleichen Ansprüche auf Urlaubsgeld haben, wie alle anderen vergleichbaren Angestellten eines Unternehmens. Das Urteil inkludiert auch andere Urlaubsabgeltungen wie nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaub.
Sowohl das Urlaubsgeld als auch die Anzahl der Urlaubstage von Zeitarbeitnehmern müssen demnach identisch mit dem sein, was Festangestellte des entleihenden Unternehmens auch bekommen. Schauen wir uns den ausschlaggebenden Fall aus Portugal einmal genauer an.
Urlaubsgeld Zeitarbeit: Der aktuelle Präzedenzfall
Zwei portugiesische Leiharbeiter schlossen im Oktober 2017 Zeitarbeitsverträge mit der Agentur Luso Temp. Die Arbeitnehmerüberlassung dauerte genau zwei Jahre, endete also im Oktober 2019. Beide Leiharbeiter erhielten während der vorübergehenden Beschäftigung weder Urlaubsgeld noch bezahlten Jahresurlaub. Diese Zahlungen wurden trotz Nachfrage vom entleihenden Betrieb einfach nicht getätigt. Die beiden Leiharbeitnehmer wehrten sich und forderten das Geld von der Luso Temp Zeitarbeitsvermittlung ein.
Sie waren nämlich überzeugt, dass die allgemeinen Regelungen für Jahresurlaub und dessen Bezahlung auf sie zutrifft. Luso Temp war hingegen überzeugt, dass hier die Sonderregelungen für Leiharbeiter bezüglich bezahlten Urlaub Anwendung fänden.
Diese besagen, dass Leiharbeiter geringere Ansprüche auf Urlaubsgeld und Jahresurlaub hätten, als Festangestellte des entleihenden Betriebs. Die Klage ging vor das Arbeitsgericht in Barcelos, welches sich ebenfalls die Frage stellte, ob der Grundsatz der Gleichstellung durch die Sonderregelung nicht beeinträchtigt würde.
Letztlich entschied der EuGH im Mai 2022: Sowohl die Urlaubsabgeltung als auch das entsprechende Urlaubsgeld für Zeitarbeiter darf nicht niedriger ausfallen, als wenn sie vom ausleihenden Betrieb für identische Arbeitsplätze und Beschäftigungsdauer angestellt worden wären.
Sollte der finanzielle Ausgleich nicht gewährt werden, läge ein Verstoß gegen die Richtlinien 2008/104/EG des Europäischen Parlaments vor. So bekamen die beiden Kläger am Ende Recht und die ausstehenden Gelder wurden ihnen überwiesen.
Die Beschäftigungsdauer macht den Unterschied
Voraussetzung für die Zahlung von Urlaubsgeld ist eine Mindestbeschäftigungsdauer von sechs Monaten. Arbeitet ein Zeitarbeitnehmer über diesen Zeitraum hinaus im gleichen entleihenden Unternehmen, steht ihm laut Equal Pay Prinzip Urlaubsgeld zu. Im ersten Beschäftigungsjahr sind dies 150 EUR, in den beiden darauffolgenden Jahren jeweils 200 und ab dem fünften Jahr im gleichen Betrieb 300 EUR.
Gut zu wissen: Dank der Tarifverhandlungen erhalten Leiharbeiter inzwischen auch früher mehr Urlaubstage. Und zwar 25 Tage ab dem ersten Jahr der Beschäftigung in einer Zeitarbeitsagentur. Im zweiten und dritten Jahr gibt es dann schon 27 Tage Jahresurlaub, ab dem vierten Jahr sind es 30 Tage. Diese gab es früher erst nach fünf Jahren im gleichen Leiharbeitsunternehmen.
Weihnachtsgeld als Leiharbeiter – habe ich Anspruch?
Die gleiche Regelung, die als Basis fürs Urlaubsgeld gilt, findet auch für den Anspruch auf Weihnachtsgeld Anwendung. Wer 180 Tage oder länger im gleichen entleihenden Unternehmen arbeitet, hat sich den Anspruch gesichert.
Rund 55 % der deutschen Arbeitnehmer erhalten mit ihrem Novembergehalt Weihnachtsgeld. Dazu gehören auch viele Zeitarbeitnehmer, denn der Equal Pay Grundsatz schreibt vor, dass sie auch finanziell nicht schlechter gestellt sein dürfen, als andere Mitarbeiter im gleichen Unternehmen.
Vorausgesetzt, es handelt sich um identische oder gleichwertige Arbeitsplätze. Somit ist ganz klar geregelt, dass auch in der Zeitarbeit Weihnachtsgeld gezahlt werden muss.
Bessere Chancen mit Tarifvertrag
Arbeitnehmer, für deren Branche ein Tarifvertrag ausgehandelt wurde, haben anscheinend noch bessere Chancen auf die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Eine Befragung ergab, dass nur 44 % der Angestellten eine Weihnachtsgeldzahlung erhielten, wenn sie nicht unter einen Tarifvertrag fallen.
Von den Tarifbeschäftigten durften sich hingegen 74 % über die Zusatzleistung des Arbeitgebers freuen. Der Tarifvertrag Leiharbeit sorgt dafür, dass vorübergehend Beschäftigte ebenfalls in den Genuss der Sonderzahlungen kommen.
Freude auf allen Seiten
An erster Stelle sind dies natürlich gute Nachrichten für alle Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche. Denn sowohl der jährliche Urlaub als auch die Weihnachtszeit sind für jeden Bürger mit zusätzlichem finanziellem Aufwand verbunden. Da kommen die Sonderzahlungen gerade recht.
Interessant ist aber auch, dass die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sich positiv auf viele andere Branchen auswirkt. Neben der Reisebranche zählen hauptsächlich die Gastronomie und der Einzelhandel zu den Profiteuren der zusätzlichen Finanzkraft der Beschäftigten.
Laut einer Schätzung des Instituts für deutsche Wirtschaft in Köln (IW) werden in Deutschland jährlich über 50 Milliarden Euro zusätzlich an Arbeitnehmer ausgezahlt. Und das ist nur das Weihnachtsgeld. Typischerweise verbucht der Einzelhandel das größte Umsatzplus durch die zusätzliche Kaufkraft der Arbeitnehmer.